So oder ähnlich lautet einer der Kommentare, die man gern im Zusammenhang mit dem Thema Gender-Disappointment, der Enttäuschung vom Babygeschlecht, liest oder hört.
Sicher mag das Thema für den einen oder anderen schwer verständlich sein, aber genau diese oberflächliche Abwertung macht es für viele zu einem Tabu.
Dabei ist das Thema eben in den meisten Fällen überhaupt nicht oberflächlich, sondern sehr tiefgreifend.
Es geht nicht um Zöpfe flechten oder Fußball spielen
Hinter dem Wunsch nach einem Babygeschlecht verbergen sich selten Wünsche, wie der Tochter Zöpfe zu flechten oder mit dem Sohn Fußball zu spielen. Sie stehen eher symbolisch für den eigentlichen Grund, der oft einen viel tieferen Ursprung hat.
Eine betroffene Mutter hatte in ihrer Kindheit schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht. Aus diesem Grund wollte sie keinen Sohn bekommen. Ohne die Enttäuschung keine Tochter zu bekommen, wäre ihr das Thema dahinter aber eben gar nicht bewusst geworden.
Eine andere Mutter erlebte eine tiefe Traurigkeit, als sie erfuhr, dass sie einen Jungen bekommt. Nachdem sie ihre Gefühle angenommen hat, erkannte sie, dass diese zum Verlust ihres Vaters gehören und sie sich dadurch unbewusst eine Tochter gewünscht hat. Sie wollte, dass ihre Tochter all die schönen Kindheitserfahrungen, die sie selbst hatte, auch machen darf. Als sie das erkannte, konnte sie ihren Wunsch loslassen.
In einem anderen Fall wurde die Mutter als Kind missbraucht. Sie wünschte sich unbewusst einen Sohn, weil sie Angst hatte, dass einer Tochter das Gleiche passieren würde. Erst durch die Schwangerschaft hat sie also erkannt, dass sie das Thema Missbrauch noch nicht verarbeitet hatte.
Ein Vater wollte unbedingt einen Sohn. Der Grund dahinter war, dass er als Kind wegen seiner Brille gehänselt wurde. Er hatte Angst, dass sein Kind diese Sehschwäche erben wird und das eine Tochter viel mehr unter solchen Hänseleien leiden würde, als ein Sohn.
Das Kapitel „Gründe für den Geschlechterwunsch“ ist nicht umsonst eines der längsten in meinem Buch. Es war für mich sehr faszinierend zu sehen, wie unterschiedlich die Hintergründe von Gender-Disappointment doch sind.
Gefühle sind nie oberflächlich
Gefühle zeigen uns den Weg. Sie sind nie oberflächlich, ob sie in den gesellschaftlichen Kontext passen oder nicht. Sie anzunehmen und zu ergründen hilft uns zu wachsen. Was den einen in eine schwerwiegende Krise stürzen würde, hebt einen anderen nicht mal an. Wir sind alle verschieden und das sollten wir genauso respektieren. So können wir einander unterstützen und zuhören, anstatt uns gegenseitig zu bewerten oder sogar abzuwerten.